Die drei Mädels standen fest da, ihre Körper angespannt, ihre Blicke auf den riesigen Gorvak vor ihnen gerichtet, und beobachteten, wie er ein kehliges, unnatürliches Geräusch von sich gab, das durch den Wald hallte und die Bäume erzittern ließ, als er sich in Bewegung setzte und seine schweren Schritte mit einer Geschwindigkeit auf den Boden donnerten, die seinem massigen Körper widersprach.
Bella, deren Atem ruhig war, deren Gedanken aber rasend schnell arbeiteten, verschwendete keine Zeit, hob eine Hand, ballte die Finger in der Luft und versuchte, die Kreatur mit ihrer Telekinese aufzuhalten. Ihre Kraft strömte in einer unsichtbaren Welle hervor und umschlang den Gorvak wie unsichtbare Ketten, die ihn an Ort und Stelle halten sollten.
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte es mitten in der Bewegung, gerade lange genug, um sie glauben zu lassen, dass sie es geschafft hatte – doch dann, auf eine Weise, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte, riss es sich los.
Ein scharfes, widerliches Knacken ertönte, als sein Körper sich aus ihrem Griff befreite, als hätte er eine schwache Fessel einfach abgeschüttelt. Bellas Augen weiteten sich, ihr Atem stockte, ihr Verstand versuchte zu begreifen, was gerade passiert war. Noch nie zuvor war es irgendetwas – wirklich irgendetwas – gelungen, sich so leicht aus ihrem telekinetischen Griff zu befreien.
Sie hatte kaum Zeit, sich von dem Schock zu erholen, als Alice vortrat und sich zwischen Bella und den schnell näher kommenden Gorvak stellte. Ohne zu zögern beschwor sie ein Schwert aus purem Eis, dessen kristalline Oberfläche im schwachen Licht glänzte, als sie es in einem fließenden Bogen schwang. Als die Klinge durch die Luft schnitt, schossen gezackte Eisspitzen aus ihrer Schneide und schossen wie Speere aus gefrorenem Tod auf den Gorvak zu.
Doch dann passierte etwas, womit weder sie noch die anderen gerechnet hatten.
Der Gorvak wich nicht aus und zeigte nicht einmal die geringste Unsicherheit, sondern stürmte direkt durch das Sperrfeuer, als wären die Eisspitzen nichts weiter als zerbrechliche Zweige, die seinen Weg versperrten. Jede Spitze, die seinen Körper berührte, zerbrach beim Aufprall und explodierte in unzählige Splitter, die kurz aufblitzten, bevor sie sich in Nichts auflösten.
Alice hatte kaum eine Sekunde Zeit zu reagieren, als das Biest auf sie zustürmte. Ohne nachzudenken, errichtete sie eine Eiswand zwischen sich und dem Gorvak, aber das Wesen wurde nicht einmal langsamer.
BOOM!
Ein ohrenbetäubender Knall zeriss die Luft, als die Faust des Gorvak auf die Eiswand traf und diese mit ihrer schieren Wucht in unzählige Splitter zerschmetterte, die wie winzige gefrorene Dolche nach außen spritzten. Die Wucht des Aufpralls traf Alice mit voller Kraft, sodass sie vom Boden abhob und wie eine Stoffpuppe nach hinten geschleudert wurde.
Ihr Rücken schlug mit solcher Wucht gegen einen Baum, dass ihr ganzer Körper erzitterte, ihr die Luft wegblies und ihr ein Schmerz durch die Wirbelsäule schoss. Sie schlug hart auf dem Boden auf, rollte einmal herum und rappelte sich dann schnell wieder auf. Ihre Muskeln schrien vor Schmerz, als sie den Blick zu dem Gorvak hob, der nun seine Aufmerksamkeit auf Madison und Bella richtete.
Madison, die gesehen hatte, wie er Alices Angriffe abgewehrt hatte, zögerte nicht.
Sie griff nach ihrem Bogen, schloss die Finger um seine glatte, leuchtende Oberfläche und spannte die Sehne. In dem Moment, als sie losließ, schoss ein einzelner glühender Energiepfeil durch die Luft auf die Bestie zu.
Aber der Gorvak war schnell. Zu schnell.
Er bewegte seinen massigen Körper in letzter Sekunde und wich dem Pfeil mit übermenschlicher Präzision aus, doch in diesem Moment schrien seine Instinkte ihn an – eine Warnung, dass noch Gefahr drohte.
Bevor es richtig reagieren konnte, schossen zwei weitere Pfeile aus dem Nichts hervor, tauchten aus einer violetten Verzerrung auf, die sich direkt neben seinem Körper gebildet hatte, und kamen viel zu nah, als dass es ihnen hätte ausweichen können.
Ein Pfeil traf sein Ziel, durchbohrte die dicke Haut des Gorvaks und versank tief in seinem Fleisch, während der andere ihn knapp verfehlte, als er seinen Körper zur Seite riss.
Ein Schrei entrang sich seiner Kehle, seine massive Hand schoss nach oben, um die Wunde zu umklammern. Es blickte nach unten und erwartete, den Pfeil noch dort stecken zu sehen, aber zu seiner Überraschung und wachsender Wut war nichts mehr zu sehen als eine grauenhafte, offene Wunde, da der mit Energie aufgeladene Pfeil sich nach dem Schaden bereits aufgelöst hatte.
Sein Schrei verwandelte sich in ein wütendes Brüllen, seine Augen blitzten vor roher Aggression, als er Madison, die Quelle seines Schmerzes, ins Visier nahm. Im nächsten Moment stürmte er vorwärts, seine massive Gestalt bewegte sich mit erschreckender Geschwindigkeit auf sie zu.
Madison weigerte sich, zurückzuweichen, legte einen weiteren Pfeil ein, ihre Finger um die Sehne verkrampften sich, als sie sich zum Abschuss bereitmachte – aber diesmal fiel der Gorvak nicht auf ihre Tricks herein. Er hatte aus seinem Fehler gelernt und schloss nun viel zu schnell die Distanz.
In dem Moment, als Alice spürte, dass der Gorvak zum Schlag ausholte, ertönte ihre Stimme, scharf und befehlend.
„Zurück!“, schrie sie.
Madison und Bella reagierten sofort und wichen ohne zu zögern zurück, während Alice nach vorne trat, um ihren Platz einzunehmen. Aber diesmal war etwas anders. Die Luft um sie herum schien sich zu verändern, eine Welle eiskalter Energie strahlte nach außen, als wäre die Temperatur augenblicklich gesunken.
Madison kniff die Augen zusammen, als sie Alices Verwandlung wahrnahm.
Noch vor wenigen Augenblicken hatte Alice sich zurückgehalten, ihre Kraft unterdrückt und sich beherrscht. Aber jetzt? Jetzt war diese Zurückhaltung verschwunden.
Ihre Hand hob sich langsam, und im nächsten Augenblick materialisierte sich ein neues Schwert aus Eis in ihrer Hand.
Anders als die vorherigen, die sie herbeigezaubert hatte, war dieses anders – stärker, schärfer, raffinierter. Ein kalter, unheimlicher Schein pulsierte aus der Klinge und warf flackernde Reflexionen über das Schlachtfeld. Die Energie, die von ihr ausging, war erdrückend, und selbst der Gorvak zögerte trotz seiner monströsen Natur für einen kurzen Moment, als würde er instinktiv die schiere Gefahr erkennen, die vor ihm stand.
Bella, die ein paar Schritte hinter ihr stand, spürte, wie ihr der Atem stockte.
„Was zum Teufel ist gerade mit Alice passiert?“, murmelte sie und konnte ihren Blick kaum von ihr abwenden. Sie drehte sich zu Madison um und suchte nach einer Antwort.
Madison, deren Gesicht entschlossen war, schüttelte nur den Kopf.
„Ich hab keine Zeit, das zu erklären“, sagte sie mit leiser, aber fester Stimme. „Du musst nur wissen, dass Alice stark ist … wirklich stark.“
Bevor Bella etwas erwidern konnte, war Alice schon in Bewegung.
In einem Moment stand sie noch da, im nächsten war sie verschwunden.
Ein eisblauer Lichtstreifen schoss mit rasender Geschwindigkeit vorwärts, und innerhalb eines Herzschlags tauchte sie direkt vor dem Gorvak wieder auf.
Die Bestie hatte kaum Zeit zu reagieren.
Alice‘ Schwert zerschnitt die Luft und zielte direkt auf seinen Hals, die Geschwindigkeit und Präzision des Angriffs waren nahezu perfekt. Aber in letzter Sekunde retteten die Reflexe des Gorvak ihn – er riss seinen Kopf gerade noch rechtzeitig zurück und wich dem tödlichen Schlag um wenige Zentimeter aus.
Alice jedoch zögerte nicht.
Mit einer fließenden Bewegung drehte sie den Griff des Schwertes und rammte den Griff mit unnatürlicher Geschmeidigkeit direkt in die Brust des Gorvaks.
Ein tiefes, kehliges Stöhnen entrang sich der Kreatur, als sie von dem Aufprall nach hinten geschleudert wurde. Die Wucht des Schlags hinterließ Risse im Boden, wo sie gestanden hatte.
Aber Alice war noch nicht fertig.
Noch bevor der Körper des Gorvak den Boden berührte, war sie schon über ihm. Sie bewegte sich schneller als der Gedanke und schloss die Distanz in einem Wimpernschlag.
Dann, mit einer einzigen, gnadenlosen Bewegung, rammte sie ihr Schwert direkt in seine Brust.
Ein scharfes Knacken hallte durch die Luft, als die Eisklinge Fleisch und Knochen durchbohrte und die Kreatur aufspießte, bevor sie sich erholen konnte.
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