Die goldenen Strahlen der Morgensonne schienen durch den dünnen Stoff des Zeltes und tauchten alles in ein weiches, warmes Licht. Die Luft war still, die Ruhe wurde nur durch gelegentliches Vogelgezwitscher draußen unterbrochen. Nate öffnete die Augen und blinzelte in die Helligkeit. Sein Körper fühlte sich schwer an, als würde er aus einem langen Schlaf erwachen. Er setzte sich langsam auf, streckte sich und spürte die Steifheit in seinen Gliedern, die ihn an die letzten Kämpfe erinnerte.
Ein Gähnen entfuhr ihm, gerade als die Zeltklappe zur Seite geschoben wurde.
Bella trat ein und erhellte den Raum mehr als die Sonne es jemals könnte. Sie trug ein Tablett mit frisch geschnittenem Obst, dessen Farben leuchteten und glänzten, als wäre es gerade gewaschen worden. Ihr Haar fiel in lockeren Wellen herab und fing das Sonnenlicht so ein, dass es wie Strähnen aus gesponnenem Gold aussah.
Ihre Wangen waren leicht gerötet, die frische Morgenluft verlieh ihr einen natürlichen rosigen Teint. Aber es war ihr Lächeln, das ihn wirklich faszinierte – sanft, warm und voller einer Gelassenheit, die sie fast überirdisch erscheinen ließ.
Nate stockte für einen Moment der Atem, als er sie in sich aufnahm. An diesem Morgen hatte sie etwas Ätherisches, etwas Engelhaftes.
Sie war von einer Schönheit, die die Zeit anhalten konnte, und für Nate fühlte es sich an, als wäre sie das auch getan.
„Guten Morgen“, sagte sie leise, ihre Stimme so sanft wie die Morgenbrise. Ohne auf eine Antwort zu warten, stellte sie das Tablett auf die Bettkante. Dann, zu seiner Überraschung, kletterte sie selbst auf das Bett, ihre Bewegungen fließend und ohne Eile. Sie ließ sich auf seinen Beinen nieder, ihr Gewicht hielt ihn in diesem Moment fest.
Mit geübter Leichtigkeit strich Bella ihr eine lose Haarsträhne hinter das Ohr und sah ihm mit einer Zärtlichkeit in die Augen, die sein Herz höher schlagen ließ. Sie beugte sich vor, ihre Lippen berührten zunächst sanft seine, um die Lage zu sondieren. Dann vertiefte sich der Kuss, ihre Hände ruhten leicht auf seiner Brust, während seine Arme ihre Taille umfassten.
Die Welt um sie herum hörte auf zu existieren. Ihre Lippen waren warm, ihr Atem vermischte sich mit seinem, während der Kuss leidenschaftlicher wurde und eine rohe Intensität durch beide strömte. Nates Finger bewegten sich instinktiv, folgten der Kurve ihres Rückens, während er sie näher zu sich zog und ihren Herzschlag an seinem spürte.
Als sie sich endlich voneinander lösten, waren Bellas Wangen gerötet und ihre Lippen leicht geöffnet, während sie nach Luft schnappte. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust, ihr Haar fiel wie ein seidener Vorhang über seine Schulter. Nate hielt sie fest, als hätte er Angst, sie könnte verschwinden. Mit einem sanften Lächeln beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie auf den Kopf, wobei seine Lippen einen Moment lang dort verweilten.
„Ich könnte ewig so bleiben“, flüsterte er kaum hörbar.
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Madison stand neben Nates bewusstlosem Körper. Ihr Blick war auf ihn gerichtet, ihr Gesichtsausdruck eine Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung.
„Was glaubst du, was in seinem Kopf vorgeht?“, fragte Madison und brach die Stille.
Bella, die in der Nähe saß, sah zu ihr auf. Ihr Gesicht war müde, ihre Augen von schlaflosen Nächten umrandet. „Die Verbindung funktioniert nicht so“, sagte sie leise. „Ich kann ihn nur spüren, wenn seine Gefühle stark sind – Schmerz, Freude, Wut. Solche Dinge.“
Madison runzelte die Stirn, ihre Neugier war nicht gestillt. „Wie hast du dann gewusst, was er durchgemacht hat, als er gefangen genommen wurde?“
Bella zögerte und senkte den Blick auf ihre Hände. Einen Moment lang sah es so aus, als würde sie nicht antworten. Schließlich sprach sie mit leiser Stimme. „Ich habe es gesehen“, gab sie zu. „Es war nicht wie ein Traum. Es war … real. Fast so, als wäre ich diejenige, die gefoltert wurde.“ Sie hielt inne, ihre Hände zitterten leicht. „Was sie ihm angetan haben, war schrecklich. Unvorstellbar.“
Madison öffnete den Mund, um eine weitere Frage zu stellen, aber bevor sie dazu kam, tauchte Alice auf. Mit strengem Gesichtsausdruck packte sie Madison am Arm und zog sie weg.
„Hey! Lass mich los!“, protestierte Madison und wehrte sich gegen Alices Griff.
„Du stellst zu viele Fragen“, murmelte Alice mit scharfem, unnachgiebigem Tonfall.
„Aber ich wollte nur …“
„Genug“, unterbrach Alice sie und zog sie aus dem Zimmer.
Als die beiden den Flur entlang verschwanden, blieb Bella allein mit Nate zurück. Sie streckte die Hände aus und ergriff seine.
Als Bella sanft Nates Hand hielt, durchfuhr ein seltsames Gefühl ihren Körper. Ihre Sicht wurde weiß, sodass sie nichts mehr sehen konnte, und sie fühlte sich schwerelos. Sie spürte, wie sie an einen anderen Ort gezogen wurde – weit weg von dem Raum, in dem Nate bewusstlos lag.
Als sie wieder sehen konnte, stand Bella an einem vertrauten Strand. Der Sand war warm unter ihren Füßen, die Wellen plätscherten sanft an den Ufer. Aber irgendetwas stimmte nicht. Der einst belebte Strand war menschenleer, nur ein einziges Zelt stand dort – Nates Zelt.
Verwirrt ging Bella auf das Zelt zu. Sie zog die Plane beiseite und trat ein, doch es war leer. Die Bettzeug war ordentlich aufgeschüttet, und in der Luft lag ein schwacher Duft nach Salz und Sonne. Ihr sank das Herz, als sie begriff, dass er nicht da war.
Sie trat wieder hinaus und suchte die Umgebung ab, bis ihr Blick auf Nate fiel. Er kam aus dem Wald und trug ein Bündel Holz auf den Armen.
Als er sie entdeckte, hellte sich sein Gesicht mit einem so warmen Lächeln auf, dass Bella den Atem stockte. Er ließ das Holz schnell auf einen Haufen fallen und ging mit entschlossenen, selbstbewussten Schritten auf sie zu.
Bevor Bella reagieren konnte, hob Nate seine Hand, hob sanft ihr Kinn an, um ihren Blick zu treffen. Seine Augen waren voller Zuneigung, und ohne zu zögern beugte er sich vor und küsste sie.
Der Kuss war sanft und zärtlich, seine Lippen fühlten sich warm auf ihren an. Bella erstarrte, ihre Gedanken rasten. Das war doch nicht echt – oder? Sie bewegte sich nicht, zu fassungslos, um zu begreifen, was gerade passierte. Selbst als Nate den Kuss beendete und einen Schritt zurücktrat, blieb Bella regungslos stehen und berührte mit den Fingern ihre Lippen, als wollte sie verstehen, was sie gerade erlebt hatte.
„Bella?“ Nates Stimme riss sie aus ihrer Trance. „Was ist los mit dir? Hast du nicht gesagt, du holst noch mehr Obst? Warum bist du schon zurück?“
Bella blinzelte und starrte ihn ungläubig an. Sie sah sich um, und die ruhigen Wellen und der friedliche Strand verstärkten ihre Verwirrung nur noch. Sie schüttelte den Kopf und sagte mit zitternder Stimme: „Nate … das ist nicht real.“
Nate neigte den Kopf, sein Lächeln unerschütterlich. „Wovon redest du?“
„Diese Welt“, fuhr Bella fort und trat näher an ihn heran. „Sie ist nicht real. Du bist in einem Traum. Du bist bewusstlos, Nate. Du musst aufwachen.“
Für einen Moment verschwand Nates Lächeln, aber dann schüttelte er den Kopf und lachte leise. „Zuerst dachte ich auch, es sei ein Traum“, sagte er mit sanfter Stimme. „Aber dann wurde mir klar, dass dies … dass dies das ist, was das Universum mir geschenkt hat. Eine perfekte Welt. Du, ich, Frieden. Warum sollte ich jemals weggehen wollen?“
„Nein, nein, nein“, sagte Bella eindringlich und ihre Stimme wurde lauter. „Du verstehst das nicht. Ich bin nicht hier, Nate. Das ist alles nur in deinem Kopf. Nichts hier ist echt.“
Um ihre Worte zu unterstreichen, hob Bella die Hand und konzentrierte sich auf das Zelt hinter ihnen. Mit einem Energieschub flog das Zelt in die Luft, zerfetzte und löste sich vor ihren Augen in Rauch auf.
Nates Augen weiteten sich vor Schreck, als die Überreste des Zeltes sich in Nichts auflösten.
„Siehst du?“, sagte Bella mit fester Stimme. „Es ist nicht real. Du musst aufwachen.“
Nate machte einen Schritt zurück, seine Hände zitterten. Er umklammerte seinen Kopf, als wollte er ihre Worte ausblenden, und sein Atem ging flach. Langsam sank er zu Boden und setzte sich mit angezogenen Knien hin.
„Ich kann nicht“, flüsterte er mit brüchiger Stimme. „Ich kann nicht aufwachen.“
Bella kniete sich neben ihn, ihr Herz schmerzte, als sie die Angst und Verwirrung in seinen Augen sah. Sie streckte die Hand aus, um seine Schulter zu berühren, aber er zuckte zurück, rollte sich zusammen und wiegte sich vor und zurück.