Kael wollte sich gerade wegmachen, seine Augen brannten immer noch vor unterdrückter Wut. Der Professor lag auf dem Boden, total fertig und bewegungsunfähig, überall war Blut und die Luft war total angespannt. Aber er hatte keine Zeit, sich über seine Erleichterung zu freuen, weil die Leute neugierig wurden und anfingen, sich mit Flüstern und Gemurmel zu zerstreuen. Der Druck wurde immer größer.
„Scheiße“, fluchte Kael, ohne in die Menge zu schauen, aber er hörte das Echo seiner eigenen Wut in der Luft widerhallen. Er spürte eine Präsenz hinter sich, jemanden, der älter war, aber er konnte es sich nicht länger leisten, zu ignorieren, was als Nächstes kommen würde. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war unverkennbar.
Bevor er überhaupt reagieren konnte, tauchte ein älterer Mann aus der Menge auf. Sein Körper war in einen dunklen Umhang gehüllt und sein Gesichtsausdruck war ernst. Seine Augen waren nicht wie die des jungen Lehrers, den Kael gerade aus dem Kampf geschlagen hatte. Diese Augen waren erfahrener, kälter und berechnender.
„Warst du das?“, fragte der Mann mit tiefer, autoritärer Stimme, die die Stille um ihn herum wie ein scharfes Messer durchschnitten.
Kael blieb stehen. Er drehte sich nicht sofort um, aber die Energie des Mannes war spürbar, mächtig. Seine Präsenz wirkte dominant, aber Kael ließ sich nicht einschüchtern. Er wusste, dass sein Status als „neuer Schüler“ ihm nicht das Recht gab, zu tun, was er wollte, aber Respekt war etwas, das man sich nicht einfach so verdienen konnte. Er wusste, dass die Konsequenzen früher oder später kommen würden.
Kael drehte sich langsam um, sein goldener Blick strahlte immer noch eine Intensität aus, die deutlich machte, dass er nichts bereute. Der Mann vor ihm, offensichtlich jemand von höherem Rang, zeigte nicht die geringste Überraschung oder Unbehagen. Er war hier, um die Situation einzuschätzen.
„Ja, das habe ich“, antwortete Kael mit erschreckender Ruhe, ohne einen Schritt vorwärts zu machen oder zurückzuweichen. Seine Augen analysierten den Mann, als wäre er ein weiteres Hindernis, das es zu überwinden galt. „Und ich habe nicht die Absicht, mich dafür zu entschuldigen.“
Der Mann sah nicht wütend aus, aber sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er die Situation sehr ernst nahm. Er sah den Lehrer auf dem Boden, der sich immer noch vor Schmerzen krümmte, und dann wieder Kael an.
„Du bist neu hier, oder?“, fragte der Mann mit unverändert ruhiger Stimme, aber in seinem Tonfall lag etwas, das deutlich machte, dass er mit solchen Situationen vertraut war. „Du hast Potenzial, aber du musst etwas Wichtiges lernen: Hier haben Handlungen Konsequenzen.“
Kael beobachtete ihn einen Moment lang und erkannte, dass der Mann trotz seiner autoritären Haltung nicht hier war, um ihn einfach zu bestrafen.
Da war noch etwas anderes. Etwas, das er zu seinem Vorteil nutzen konnte.
„Also muss ich still sein, wenn mich jemand respektlos behandelt, nur weil er mich angerempelt hat?“, fragte Kael mit unerschütterlicher Selbstsicherheit in der Stimme. „Es ist mir egal, was du oder irgendjemand anderes denkt. Wenn mich jemand angreift, verteidige ich mich.“
Der Mann schien einen Moment lang nachzudenken, schien sich aber nicht an Kaels trotziger Haltung zu stören. Im Gegenteil, er schien eher daran interessiert zu sein, zu erfahren, wie der Junge dachte. Er wusste, dass Kael von jemandem mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ausgebildet worden war, allein aufgrund der magischen Konzentration, die er bei ihm beobachtete, aber das war noch keine Garantie für irgendetwas. Hier musste Kael seine Stärke beweisen, nicht nur mit Worten, sondern mit Taten.
„Ich verstehe, was du meinst“, antwortete der Mann, und sein Gesichtsausdruck wurde etwas weicher. „Aber auf Azalith messen wir Stärke nicht nur an körperlicher Kraft. Alles, was du bisher getan hast, kann als Demonstration deiner Kraft angesehen werden, ja … aber auch als Mangel an Kontrolle.“
Kael runzelte die Stirn, nicht ganz überzeugt. Die Kritik war direkt und scharf. Die Situation entwickelte sich nicht so, wie er es sich erhofft hatte, aber vielleicht war es an der Zeit, sich anzuhören, was der Mann zu sagen hatte. Er wusste immer noch nicht, wo er in dieser neuen Welt stand.
„Du musst noch viel lernen, Junge“, sagte der Mann und musterte Kael aufmerksam. „Du bist vielleicht stark, aber du musst lernen, dich zu beherrschen. Azalith ist ein Trainingsgelände, keine Arena für Leute, die kämpfen wollen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken.“
„Ich sag’s noch mal: Ich werde nicht still zuhören, wenn du versuchst, mich klein zu machen“, antwortete Kael entschlossen. Er war nicht hier, um endlose Debatten über Moral oder Selbstbeherrschung zu führen.
„Ah … nun ja … dann musst du eben mit den Konsequenzen leben“, sagte der Mann kalt, bevor er sich umdrehte und weggehen wollte.
Kael starrte den Mann weiterhin an und wollte noch etwas erwidern, doch bevor er dazu kam, erschien eine vertraute Warnung vor seinen Augen.
[Gefahr!]
Kael runzelte die Stirn. Die Meldung blinkte auf seinem Bildschirm auf, aber er hatte keine Zeit, sie richtig zu verarbeiten. Ein komisches Gefühl lief ihm den Rücken hinunter, als wäre die Luft um ihn herum dichter und angespannter geworden. Er machte einen Schritt zurück und beobachtete aufmerksam jede Bewegung um sich herum, als plötzlich der Boden unter seinen Füßen in einem intensiven Licht erstrahlte.
Bevor Kael reagieren oder auch nur begreifen konnte, was geschah, erschien vor ihm ein riesiger magischer Kreis. Die blendende Helligkeit des Zaubers umhüllte seinen Körper in einem Augenblick, und ohne eine Chance, sich zu wehren, wurde der junge Mann von der Magie gefangen. Ein Energiestrom umhüllte ihn, und er spürte, wie seine Seele von einer unsichtbaren Kraft an einen anderen Ort gezogen wurde.
Alles um ihn herum verschwamm, und bevor Kael die Situation begreifen konnte, schien die Welt zu verschwinden.
Kael blinzelte, und das blendende Licht verschwand so schnell, wie es gekommen war. Er befand sich in einem anderen Raum mit imposanten Wänden und einer von Autorität geprägten Atmosphäre. Die Luft war schwer, und von irgendwoher strahlte eine unermessliche Kraft aus, als wäre er in das Zentrum der Macht der Azalith-Akademie teleportiert worden.
Er sah sich um, seine Sicht war noch verschwommen von dem plötzlichen Szenenwechsel, aber bald stabilisierte sie sich. Der Raum vor ihm war luxuriös eingerichtet, mit Möbeln aus dunklem Holz, teuren Teppichen und einem riesigen Tisch vor ihm. Hinter dem Tisch drehte sich langsam ein riesiger Stuhl und gab den Blick auf einen älteren Mann frei.
Wahrscheinlich der Direktor der Azalith-Akademie.
Mit durchdringendem Blick starrte der Mann Kael mit einem kalten, beobachtenden Ausdruck an. Sein graues Haar fiel elegant über seine Schultern, und seine klaren, durchdringenden Augen musterten Kael mit einer Präzision, die selbst die kleinsten Details an ihm zu erkennen schien.
„Kael Scarlet“, begann der Mann mit ruhiger, aber autoritärer Stimme, die wie ein Donnerschlag klang. „Du hast in weniger als 24 Stunden für ziemliche Aufregung gesorgt.“
Kael schwieg und sah den Direktor mit trotziger Miene an. Er hatte keine Angst, aber er wusste, dass das, was gerade passiert war, keine Kleinigkeit war.
Was Kael am meisten beunruhigte, war nicht der luxuriöse Raum oder die imposante Gestalt vor ihm, sondern das Gefühl, manipuliert worden zu sein, ohne Vorwarnung hierher gebracht worden zu sein und nun völlig außer Kontrolle zu sein.
„Also …“, fuhr der Direktor fort, seine Augen verengten sich vor Interesse, fast so, als würde er jede Bewegung von Kael studieren. „Du hast wirklich keine Angst, dich mit irgendjemandem anzulegen, oder?“
Kael hielt seinen Blick fest und unbeweglich, mit derselben Kälte, die ihn auszeichnete. Aber für einen Moment entstand eine Spannung in der Luft, die Kael nicht ignorieren konnte. Es war etwas an der Haltung des Direktors, eine Präsenz, die immens, fast überwältigend wirkte. Das Gewicht der Autorität und Macht dieses Mannes war ungewöhnlich. Kael fühlte sich, als stünde er einem Raubtier gegenüber, nicht einem einfachen Direktor einer Akademie.
„Ich werde tun, was ich tun muss“, antwortete Kael mit eisiger Stimme, ohne zu zögern. Das Selbstvertrauen in seinen Worten war unerschütterlich. Aber damit gab er sich nicht zufrieden. Er wollte klarstellen, dass er es ernst meinte, egal, wer vor ihm stand. „Ich sage es noch ein drittes Mal. Wenn du meine Familie respektlos behandelst, bringe ich dich das nächste Mal um.“
Seine Aura begann sich auszubreiten, eine dichte Schwere, die den Raum zu erfüllen schien. Die Kraft, die er ausstrahlte, war spürbar, der Raum, der zuvor schon bedrückend gewirkt hatte, wurde noch dichter. Kael musste nichts weiter tun, seine Präsenz sprach bereits für ihn.
Beide starrten sich jetzt so intensiv an, dass die Luft um sie herum zu vibrieren schien, als würde sie jeden Moment in einer Konfrontation explodieren. Jeder musterte den anderen, die Spannung stieg, als würde der nächste Schritt alles entscheiden.
Doch plötzlich war die Spannung wie weggeblasen.
„HAHAHAHA!“ Das Lachen des Direktors durchbrach die Stille wie ein scharfer Messerstich und hallte respektlos und unkontrolliert durch den Raum. Er lehnte sich zurück, sein Gesicht strahlte vor Vergnügen. „Freut mich, dich kennenzulernen, junger Kael. Ich bin Altharion Von Drakhar … der Wächter von Azalith.“
Kael sah den Mann an, der sich von einem Moment auf den anderen völlig verändert hatte, und seufzte nur. „Was zum Teufel … noch so ein Verrückter“, dachte er, bevor er sah, wie Umbra zwei Finger hinter den Kopf des Direktors legte, als würde sie ihm Hörner aufsetzen.