Madison grinste. Die Kreatur hatte den Köder geschluckt. Sie hielt das Schwert fester und im nächsten Moment gab die Waffe ein durchdringendes Summen von sich, während ihre violette Aura heftig pulsierte.
Das Leuchten wurde intensiver, pulsierte wie ein Herzschlag, dann plötzlich – boom! Eine Schockwelle aus ätzender Energie brach aus der Oberfläche des Schwertes hervor und breitete sich wie ein Feuer aus. Die Wucht der Explosion verschlang die Kreatur in einem Augenblick und hüllte ihre humanoide Gestalt in einen Sturm aus sengendem violettem Licht.
Madison war bereits von ihrem Platz verschwunden und hatte sich zu einem nahe gelegenen Ast teleportiert, bevor die Energie sie erreichen konnte. Von ihrer neuen Position aus sah sie, wie die Kreatur nach hinten geschleudert wurde, ihr Körper wie eine Stoffpuppe durch die Luft flog. Ihr unmenschlicher Schmerzensschrei verstummte, als sie gegen den dicken Stamm eines riesigen Baumes prallte, wobei der Aufprall die Äste über ihr erschütterte. Die Bestie fiel vom Baum, während ihr Körper durch die Luft pfiff.
Bella kniff die Augen zusammen und suchte seinen Körper nach Lebenszeichen ab. Ein langsames Heben und Senken seiner Brust bestätigte, dass er noch atmete, aber nur noch schwach. Die Explosion hatte ihn direkt ins Gesicht getroffen und Teile seiner grünen Haut waren von der violetten Strahlung versengt.
Mit einer schnellen Bewegung ihres Handgelenks streckte sie den Arm aus. Die fallende Kreatur blieb plötzlich in der Luft stehen, ihr schlaffer Körper schwebte wenige Zentimeter über dem Boden, als würde er von unsichtbaren Fäden gehalten. Dann führte sie ihn vorsichtig nach unten und achtete darauf, dass er keinen weiteren Schaden nahm. Sie landete mit einem leisen Aufprall neben ihm, ihre Stiefel wirbelten eine kleine Staubwolke auf.
Sie bückte sich und griff nach dem Schwert, das nun neben der bewusstlosen Kreatur lag.
Selbst jetzt noch summte die Klinge vor Energie, obwohl ihr Glanz deutlich schwächer war. Sie schloss ihre Finger um den Griff und in diesem Moment spürte sie, wie sich etwas in ihrem Geist veränderte – eine direkte Verbindung, wie ein unausgesprochenes Band zwischen ihr und der Waffe. Mit einem einzigen Gedanken befahl sie ihr, ihre Strahlkraft zu unterdrücken. Sofort verblasste die violette Aura und die ätzende Energie zog sich zurück in die Klinge.
Sie atmete scharf aus und steckte das Schwert an ihre Hüfte.
Madison holte sie endlich ein und erschien mit hochgezogener Augenbraue neben ihr. „Verdammt, Maddy“, sagte Bella und blickte auf die bewusstlose Kreatur. „Du hast dich nicht zurückgehalten, oder?“
Madison grinste. „Entweder das oder es entkommen lassen.“
Bella pfiff anerkennend und nickte. „Ich würde sagen, du hast das verdammt gut gemacht.“ Dann wandte sie ihren Blick zu der bewusstlosen Kreatur und ihr Gesichtsausdruck wurde ernst. „Aber du hast das Symbol auf seiner Stirn gesehen, oder? Das gleiche wie das der Wächter …“
Madisons Lächeln verschwand. „Ja. Das macht mir Sorgen.“
Bella verschränkte die Arme. „Du glaubst, es hat etwas mit Zoro zu tun?“
Madison antwortete nicht sofort. Stattdessen starrte sie auf das regungslose Gesicht der Kreatur, deren frische Verbrennungen auf der Haut noch vor Energie knisterten. Ein kaltes Gefühl breitete sich in ihrem Bauch aus. Wenn Zoro zurück war, wenn er noch mehr Monster wie dieses erschaffen würde … dann waren sie nicht bereit. Noch nicht. Sie brauchten mehr Zeit.
Und Zeit war etwas, das sie nicht hatten.
Madison schüttelte ihre Gedanken ab, bückte sich und packte die Kreatur am Schwanz. Gleichzeitig legte sie Bella fest die Hand auf die Schulter.
„Bringen wir es zurück ins Lager.“
Mit einem scharfen violetten Energieblitz verschwanden die drei.
—
Aber sie waren nicht allein.
In dem Moment, als Madison verschwand, trat eine weitere Gestalt aus den dichten Schatten der Bäume hervor. Ihre grüne Haut verschmolz nahtlos mit dem Laub und machte sie selbst im Mondlicht fast unsichtbar. Im Gegensatz zur ersten Kreatur hatte diese zwei Schwänze, die sanft hinter ihr hin und her schwangen, fast so, als hätten sie einen eigenen Willen. Ihre scharfen schwarzen Augen glänzten, als sie auf die Stelle starrte, an der Madison und Bella verschwunden waren.
Ein verzogenes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus und enthüllte Reihen gezackter Reißzähne.
„Du bist auch auf den Köder hereingefallen.“
Ihre Stimme war ein leises, kehliges Flüstern, erfüllt von etwas Dunklem und Unheimlichem. Dann drehte sie sich mit übermenschlicher Geschwindigkeit um und verschwand in der Nacht.
—
Währenddessen, zurück in der Höhle …
Nate saß mit gekreuzten Beinen auf dem Boden seines schwach beleuchteten Zimmers, die Augen geschlossen, den Atem ruhig.
In einer seiner Hände brannte ein kleines Feuer, eine gleichmäßige, kontrollierte Flamme, die sich wie ein lebendes Wesen bewegte und wand. In seiner anderen Hand knisterten elektrische Funken, und ein leises Knistern erfüllte die Luft.
Er tat das nicht, um seine Fähigkeiten zu trainieren – seine Kontrolle über Feuer und Blitz war für ihn bereits zur zweiten Natur geworden. Nein, das war etwas anderes.
Er versuchte, einen Durchbruch zu erzielen.
Seit diesem Tag im Palast des alten Mannes hatte sich etwas in ihm verändert. Er konnte es tief in seinem Innersten spüren – wie eine verschlossene Tür im hinteren Teil seines Geistes, die ihn von etwas Größerem abhielt. Der alte Mann hatte etwas mit ihm gemacht. Er hatte etwas freigesetzt, aber nicht vollständig.
Und jetzt, egal wie viel er trainierte, egal wie sehr er sich anstrengte, schien er diese Schwelle nicht überschreiten zu können.
Er runzelte konzentriert die Stirn. Er ließ das Feuer in seiner Hand heller brennen, ließ den Blitz in der anderen Hand heftiger zucken, bis beide Elemente wild um seine Finger tanzten. Er konzentrierte sich auf die Energie in seinem Inneren, griff tief in seinen Geist und suchte nach dieser unsichtbaren Barriere, die ihn gefesselt hielt.
Und für einen Moment – nur einen kurzen Moment – spürte er es.
Einen Blitz von etwas. Einen flüchtigen Blick auf rohe, ungezähmte Kraft, die in ihm schlummerte und darauf wartete, entfesselt zu werden. Es war so nah, gerade außerhalb seiner Reichweite.
Dann, genauso schnell wie es gekommen war, war es wieder verschwunden.
Nate riss die Augen auf, Frust stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er ballte die Fäuste und löschte damit sowohl das Feuer als auch den Blitz.
„Verdammt …“, murmelte er leise vor sich hin.
Er wusste nicht, wie lange er schon meditiert hatte, aber sein ganzer Körper war angespannt und Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er wischte sie mit dem Handrücken weg, bevor er langsam ausatmete.
Etwas hielt ihn zurück.
Etwas in seinem eigenen Kopf.
Und bis er herausfand, was es war, würde er nie sein volles Potenzial ausschöpfen können.
Er beschloss, es erneut zu versuchen.
Er konnte es spüren, er konnte es fast berühren – aber jedes Mal, wenn er danach griff, entglitt es ihm, neckte ihn, verspottete ihn.
Gerade als er es erneut versuchen wollte, hallte ein scharfes Klopfen durch den Raum und zerbrach seine Konzentration wie Glas.
Nate riss die Augen auf, und ein irritierter Ausdruck huschte über sein Gesicht. Er atmete scharf aus und drückte die Finger gegen seine Schläfe, um die aufkommenden Kopfschmerzen zu lindern. Wer auch immer es war, sie hatten den schlechtesten Zeitpunkt gewählt.
„Herein“, rief er mit einer Spur von Ungeduld in der Stimme.
Die Holztür quietschte, und als Nate sah, wer es war, verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck.
Claire.
Sie trat mit langsamen, zögernden Schritten ein, das flackernde Fackellicht beleuchtete ihre Gestalt. Sie trug eines dieser lächerlich dünnen, eng anliegenden Kleidungsstücke, die sich an ihren Körper schmiegten und wenig der Fantasie überließen. Der Stoff war so dünn, dass er deutlich die Umrisse ihrer Unterwäsche erkennen konnte. Es war fast so, als hätte sie dieses Outfit absichtlich gewählt.
Nate presste die Kiefer aufeinander.
„Was willst du?“, fragte er unverblümt, seine Stimme voller Misstrauen.
Claire blieb ein paar Schritte vor ihm stehen und spielte nervös mit ihren Händen. Ihre Unterlippe zitterte, als sie schniefte, ihre Augen glänzten vor unterdrückten Tränen. Sie sah … verletzlich aus.
Nate kniff die Augen zusammen.
Nicht schon wieder.
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Als sie das letzte Mal mit demselben mitleiderregenden Gesichtsausdruck zu ihm gekommen war, hatte sie versucht, ihn zu manipulieren. Dafür hatte er keine Geduld mehr.
Er wollte ihr gerade sagen, sie solle zum Punkt kommen, als ihm etwas auffiel – etwas, das er zunächst übersehen hatte.
Sein Blick fiel auf ihren Hals.
Und da sah er es.
Eine tiefrote Markierung in Form von Fingern, die sich um ihren Hals legte, als hätte jemand versucht, sie zu würgen.
Nates Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig.
Seine Verärgerung verschwand und machte etwas anderem Platz.
Es wurde ganz still im Raum.
Claire stand da, zitterte am ganzen Körper und vermied seinen Blick, während ihr die erste Träne über die Wange rollte.
Nate starrte sie an, und plötzlich schossen ihm unzählige Fragen durch den Kopf.
Wer hatte ihr das angetan?
Warum?
Und vor allem:
Was zum Teufel war hier los?