Als Nate wieder im Camp ankam, waren die anderen schon versammelt. Er wusste nicht, worum es ging, und es interessierte ihn im Moment auch nicht besonders. Nach drei Tagen ununterbrochener Kämpfe fühlte sich sein ganzer Körper wie Blei an, und er wollte nur noch auf sein Bett fallen und so lange wie möglich schlafen.
Einige Leute drehten sich zu ihm um und schauten abwechselnd ihn und die schwere Tasche über seiner Schulter an.
Neugierde flackerte in ihren Gesichtern, aber niemand kam direkt auf ihn zu. Er ignorierte ihre Blicke, ging an der Gruppe vorbei und machte sich auf den Weg zu seinem Zimmer.
Aber zuerst musste er duschen.
Der Geruch von Schweiß, Schmutz und getrocknetem Blut haftete an ihm, und nach allem, was sie durchgemacht hatten, wollte er sich wenigstens ein bisschen frisch fühlen, bevor er sich endlich ausruhte. Ohne Zeit zu verlieren, ging er sich waschen und zog sich danach frische Kleidung an.
Als er sein Zimmer betrat, schaltete sein Geist vor Erschöpfung bereits ab. Er nahm kaum das Gewicht der Tasche wahr, als er sie mit einem dumpfen Schlag auf den Boden fallen ließ. Seine Muskeln schmerzten bei jeder Bewegung, und in dem Moment, als er sich auf sein Bett fallen ließ, stieß er einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.
Doch gerade als er die Augen schließen wollte, fiel ihm etwas auf.
Neben seinem Bett, auf dem kleinen Holztisch, lag eine Frucht.
Sie war anders als alles, was er bisher gesehen hatte.
Sie war etwa so groß wie ein Apfel, aber ihre Schale war glatt und leicht durchscheinend und pulsierte schwach in einem sanften Blau. Die Farbe erinnerte ihn an das Meer, tief und endlos, mit winzigen wirbelnden Mustern, die im schwachen Licht seines Zimmers schimmerten.
Neugierig hob er sie auf und hielt sie an seine Nase.
Der Duft schlug ihm sofort entgegen.
Er war süß, aber nicht aufdringlich – wie eine Mischung aus frischen Beeren und Honig, mit einem Hauch von etwas Tropischem. Dazu kam eine frische, kühle Note, wie der Duft von Morgentau auf frischem Gras. Es war nicht nur angenehm – es war berauschend.
Ohne nachzudenken, nahm er einen Bissen.
In dem Moment, als seine Zähne in die Frucht sanken, explodierte der Geschmack auf seiner Zunge.
Es war anders als alles, was er je zuvor gegessen hatte. Der Saft war kühl und erfrischend und breitete sich wie eine Welle purer Glückseligkeit in seinem Mund aus. Er hatte die Süße reifer Mangos, die leichte Säure von Zitrusfrüchten und eine unterschwellige Fülle, die sanft auf seiner Zunge zerging.
Nates Augen weiteten sich leicht.
Zum ersten Mal seit seiner Ankunft auf dieser Insel schmeckte er etwas, das nicht rau, fade oder kaum essbar war. Alles, was er bisher gegessen hatte – rohes Fleisch, zähe Pflanzen, trockene Rationen – war nichts im Vergleich dazu.
Er warf einen Blick auf die Frucht in seiner Hand und staunte.
Die Koryathaner hatten diese Welt erschaffen. Alles darin war ein Produkt ihrer Gestaltung.
Wie viel Mühe hatten sie wohl in die Schaffung von all dem gesteckt?
Und dann schweiften seine Gedanken ab.
Der alte Mann hatte ihm zuvor etwas erzählt – etwas, das ihm noch immer im Kopf herumging. Dieser Ort befand sich auf der Erde. Er war schon immer hier gewesen, nur versteckt.
Wenn das stimmte, woher kam dann Zoro?
Kam er auch von der Erde? Oder war er etwas ganz anderes?
Nate runzelte leicht die Stirn und starrte auf die halb aufgegessene Frucht in seiner Hand, aber bevor er weiter darüber nachdenken konnte …
Klopf. Klopf.
Ein leises Klopfen an seiner Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
„Herein“, rief er träge.
Die Tür schwang auf und Alice trat ein, ihre Tasche noch immer über der Schulter.
Sobald sie hereinkam, zögerte sie nicht einen Moment – sie ging direkt in die Mitte seines Zimmers und schüttete den gesamten Beutel mit Kristallen auf den Boden.
Die scharfen, gezackten Stücke fielen heraus, klirrten aneinander und verteilten sich über die Holzoberfläche.
Nate starrte auf das Chaos.
Dann seufzte er. „Wer räumt das auf?“
Alice grinste. „Ich nicht.“
Währenddessen näherte sich Claire dem Zimmer, doch gerade als sie die Tür erreichte, sah sie Alice hineingehen.
Ihre Schritte stockten.
Ihre Augen verengten sich leicht, und für einen kurzen Moment blitzte etwas Gefährliches darin auf.
Dann drehte sie sich wortlos um und ging weg, ihren ursprünglichen Plan aufgebend.
Zurück in Nates Zimmer
Alice drehte sich wieder zu Nate um und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. Wassertropfen rannen an den Strähnen herunter, hafteten an ihrer Haut und verschwanden dann in dem Stoff ihrer frischen Kleidung.
Auch sie hatte gerade gebadet.
Aber als sie einen Schritt nach vorne machte, fiel ihr etwas anderes auf.
Ein Duft.
Etwas Süßes.
Sie blieb stehen, ihre Nasenflügel bebten leicht, als der Duft zu ihr herüberwehte. Er war warm, intensiv und zutiefst verführerisch – ein Duft, der ihr vor Vorfreude einen Kloß im Hals verursachte, noch bevor sie die Quelle sehen konnte.
Ihr Blick huschte zu Nates Hand.
Dort hielt er eine seltsame Frucht – halb aufgegessen, ihr Saft glänzte im schwachen Licht.
Alice starrte sie an, dann wieder Nate. „Was ist das?“
Nate warf einen Blick auf die Frucht, dann wieder zu ihr. „Keine Ahnung. Die lag neben meinem Bett, als ich hierherkam.“ Er hob sie leicht an. „Wahrscheinlich hat Madison sie hiergelassen.“
Alice nickte abwesend, aber ihr Blick blieb auf der Frucht haften.
Nate grinste. Er wusste genau, was sie dachte.
Mit einem amüsierten Lachen warf er ihr die übrige Hälfte zu.
Alice fing sie mühelos auf und schloss ihre Finger um die glatte Oberfläche.
Einen Moment lang starrte sie sie nur an.
Dann schloss sie langsam die Augen –
und nahm einen Bissen.
In dem Moment, als Alice in die Frucht biss, überkam sie ein überwältigendes Gefühl. Der Geschmack war anders als alles, was sie je erlebt hatte – intensiv, reichhaltig und von einer so lebhaften Süße, dass sie das Gefühl hatte, ihre Sinne seien völlig überwältigt. Der Geschmack war tief, vielschichtig, fast berauschend, und für einen kurzen Moment konnte sie sich nur noch auf das unglaubliche Gefühl auf ihrer Zunge konzentrieren.
Aber dann –
änderte sich etwas.
Eine seltsame Wärme breitete sich in ihrem Körper aus, zunächst nur ganz leicht, wie die sanfte Wärme eines sonnigen Nachmittags. Aber innerhalb von Sekunden wurde diese Wärme intensiver, wurde immer heißer und strömte mit einer fast elektrischen Energie durch ihre Adern. Das war keine normale Reaktion – es lag nicht nur an der Frucht. Nein, das war etwas anderes, etwas Mächtiges, etwas Fremdes, etwas, das jeden Muskel in ihrem Körper anspannte, als stünde sie zu nah an einem lodernden Feuer.
Alice blinzelte schnell, als ihr schwindelig wurde und ihre Sicht leicht verschwamm. Sie verlor das Gleichgewicht und ließ sich instinktiv auf das Bett sinken, wo sie sich mit den Händen abstützte, um wieder zu Atem zu kommen. Aber egal, wie sehr sie sich auch konzentrierte, sie konnte die Hitze in ihrem Inneren nicht loswerden, die sich wie ein Lauffeuer ausbreitete und sie von innen heraus verbrannte.
Ihre Finger krallten sich fest in den Stoff des Bettes, als würde sie sich daran festhalten, um ihr Leben zu retten. Ihr Herz pochte – zu schnell, zu laut. Ihr Atem kam in kurzen, unregelmäßigen Stößen.
Ein leises Flüstern kam über ihre Lippen, fast unwillkürlich, kaum hörbar: „Was … Was war in dieser Frucht?“
Nate, der sie die ganze Zeit beobachtet hatte, setzte sich abrupt auf und musterte ihr Gesicht mit wachsender Besorgnis.
„Alice?“ Seine Stimme klang fest, aber besorgt. „Was ist los?“
Sie hörte ihn kaum.
Das Gefühl wurde immer stärker.
Es war, als wäre etwas in ihr freigesetzt worden, etwas Urtümliches, etwas Mächtiges – etwas Gefährliches.
Ihr Griff um das Bett wurde noch fester, ihre Fingernägel gruben sich in den Stoff, während sie versuchte, das zu unterdrücken, was in ihr aufstieg.
Sie konnte es spüren, wie sie die Kontrolle verlor, und egal, wie sehr sie dagegen ankämpfte, das Gefühl war zu überwältigend, zu verzehrend.
Dann –
flüsterte sie mit zitternder Stimme: „Es tut mir leid.“
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Nate runzelte die Stirn, Verwirrung huschte über sein Gesicht. „Wovon redest du?“
Und bevor er reagieren konnte –
bewegte sich Alice.
Ihre Hände, die noch vor wenigen Augenblicken das Bett fest umklammert hatten, ließen plötzlich los. Ihr Körper handelte, bevor ihr Verstand reagieren konnte, Instinkte übernahmen die Kontrolle und trieben sie voran.
Und dann –
schlang sie ihre Arme um seinen Hals.
Ihre Lippen trafen aufeinander.
Die Wärme in ihr explodierte zu etwas Unaufhaltsamem.
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