Ein tiefes, kehliges Knurren hallte durch die Dunkelheit hinter Nate und ließ ihn erschauern. Das Geräusch war nicht nur bedrohlich, es hatte auch eine unnatürliche Schwere, die sich auf seine Seele drückte und seinen Instinkt schreien ließ, dass das, was auf ihn zukam, nicht existieren sollte.
Sein Atem stockte, seine Muskeln spannten sich an, und ohne zu zögern drehte er sich um und rannte los.
Seine Schritte waren auf dem seltsamen, energiegeladenen Boden kaum zu hören, aber egal wie schnell er rannte, die Luft hinter ihm fühlte sich schwerer an, als würde etwas Monströses mit jeder Sekunde näher kommen. Das Knurren wurde lauter und verwandelte sich in einen unheimlichen, verzerrten Schrei, der heftige Erschütterungen durch den Tunnel schickte. Die schwarzen Blitze, die zuvor ruhig geknistert hatten, zuckten nun wild und tauchten den Tunnel in flackernde Dunkelheit.
Was auch immer ihn verfolgte – es war schnell.
Und dann, in einem Augenblick, schoss etwas an ihm vorbei.
Bevor er überhaupt begreifen konnte, was es war, traf ihn eine brutale Wucht in der Seite.
Der Aufprall war so heftig, dass es sich anfühlte, als würde er von einem Meteor getroffen. Der Atem wurde ihm augenblicklich aus den Lungen gepresst, als er durch die Luft geschleudert wurde, sein Körper verdrehte sich heftig, als er aus der dunklen Energie, die ihn umgab, geschleudert wurde.
Alles verschwamm vor seinen Augen.
Seine Sinne waren durcheinander, sein Blickfeld war eine verwirrende Mischung aus blinkenden Lichtern und wirbelnden Schatten. Seine Ohren klingelten von der Wucht des Aufpralls, und für einen Moment wusste er nicht, wo oben und unten war.
Und dann – Licht.
Blendendes, goldenes Licht.
Eine Welle von Wärme überflutete seinen Körper, als er plötzlich spürte, wie Sonnenlicht auf seine Haut traf. Die Luft um ihn herum hatte sich drastisch verändert – sie war nicht mehr von unnatürlicher Energie erfüllt, sondern rein, frisch und klar. Sein Rücken schlug auf den rauen Boden, Staub wirbelte auf, als er nach Luft rang.
Sein Herz pochte wie wild in seiner Brust, während er benommen dalag und in den weiten, wolkenlosen Himmel starrte.
Dann – Bewegung.
Bevor er überhaupt begreifen konnte, was gerade passiert war, drückten zwei scharfe Speerspitzen gegen seine Kehle.
Seine Augen fokussierten sich und als seine Sicht klarer wurde, starrte er auf zwei Männer.
Sie waren seltsam gekleidet, in raue Tierhäute gehüllt, ihre muskulösen Körper mit groben, aber komplizierten Markierungen auf Armen und Brust verziert. Ihre Gesichter waren streng, ihre Augen scharf und misstrauisch, als sie über ihm standen. Die Art, wie sie ihre Speere hielten, deutete darauf hin, dass sie nicht zögern würden, ihn auf der Stelle aufzuspießen.
Einer der Männer kniff die Augen zusammen, bevor er in einer Sprache sprach, die Nate nicht kannte – und doch irgendwie verstand er ihn.
„Wer bist du?“
Nate antwortete nicht.
Seine Gedanken rasten, während er versuchte, zu begreifen, was gerade passiert war. Wo war er? Was war das für ein Ort? Und vor allem – wer waren diese Leute?
Die beiden Männer tauschten einen Blick aus, sichtlich verärgert über sein Schweigen. Sie umklammerten ihre Speere fester und stürmten ohne Vorwarnung auf ihn zu, zielten direkt auf seinen Schädel.
Nate reagierte blitzschnell.
Mit einer schnellen Bewegung fing er beide Speere in der Mitte ihres Stoßes ab und umklammerte die Holzschäfte fest, bevor sie ihn aufspießen konnten.
Für einen kurzen Moment herrschte nur fassungslose Stille.
Die beiden Männer erstarrten, ihre Mienen wechselten von Feindseligkeit zu Vorsicht.
Nate stützte sich auf ihre Waffen, um sich hochzuziehen, und hielt die Speere weiterhin fest im Griff. Nun stand er aufrecht und konnte sich endlich umsehen.
Der Himmel über ihm war ungewöhnlich klar, strahlend blau und ohne jede Spur von Verschmutzung oder künstlichem Dunst. Die Luft fühlte sich anders an – reiner, frischer, unberührt von der modernen Zivilisation. Das Land erstreckte sich weit und ungezähmt, mit dichten Wäldern in der Ferne und sanften Ebenen, so weit das Auge reichte.
Ein seltsames Gefühl beschlich ihn.
Wo … war er?
Sein Blick wanderte zurück zu den beiden Männern, die ein paar vorsichtige Schritte zurückgetreten waren und ihn mit einer Mischung aus Verwirrung und Ungläubigkeit musterten.
Einer von ihnen murmelte etwas vor sich hin, während sein Blick auf Nates Kleidung ruhte.
„Warum ist er so angezogen?“
Der andere Mann runzelte die Stirn und ließ seinen Blick über Nates Haut und Haare gleiten.
„Schau ihn dir an – seine Haare sind so ordentlich. Und seine Haut … sie sieht fast aus wie die einer Frau.“
Nate verschluckte sich fast an seinem eigenen Atem.
Was zum Teufel meinten sie mit „wie ein Mädchen“?
Nates Blick wanderte über die beiden Männer vor ihm, während seine Gedanken rasten.
Ihre Haare waren lang, verfilzt und ungepflegt, dicke Strähnen hingen locker über ihre Stirn und ihren Rücken. Ihre Bärte waren wild, voll und ungepflegt, als wären sie noch nie geschnitten oder gestutzt worden. Ihre rauen Kleider aus Tierhäuten sahen aus, als wären sie nur aus rohem Instinkt und zum Überleben zusammengeflickt worden.
Das waren nicht einfach nur Fremde.
Das waren Menschen, die von der Zeit unberührt waren.
Eine seltsame Erkenntnis breitete sich in Nates Brust aus, und seine Finger umklammerten instinktiv die Speere, die er ergriffen hatte. Er dachte daran, wegzulaufen, in einem Blitz zu verschwinden, um Abstand zwischen sich und sie zu bringen, aber dann zögerte er.
Etwas stimmte nicht.
Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Da war nichts.
Keine Energie. Kein Feuer. Kein Blitz, der durch seine Adern schoss.
Nate stockte der Atem, während sein Verstand verzweifelt versuchte zu begreifen, was vor sich ging. Jedes Mal, wenn er seine Fähigkeiten gebraucht hatte, war die Kraft da gewesen – sie floss wie eine Verlängerung seines Selbst, bereit, nach Belieben herbeigerufen zu werden. Aber hier? Jetzt?
Es war leer.
Der Raum in ihm, in dem sein Feuer hätte brennen müssen, in dem sein Blitz hätte knistern müssen – er war öde.
Ein schrecklicher Gedanke traf ihn wie ein Hammerschlag auf die Brust.
Was, wenn es hier keine Magie gab?
Sein Herz pochte. Sein Instinkt schrie ihn an, sich zu bewegen, sich anzupassen, einen anderen Weg zu finden, um zu kämpfen oder zu fliehen, aber bevor er etwas tun konnte, stürzten sich die beiden Männer auf ihn.
—
Währenddessen, zurück auf der Insel …
Hoch oben auf dem dicken, gewundenen Ast eines uralten Baumes saß Zoro regungslos, seine Augen leuchteten schwach unter seiner Kapuze, während er auf die dunkle Landschaft unter ihm blickte. Sein Gesichtsausdruck war unlesbar, seine Präsenz unheimlich still – wie ein Raubtier, das seine Beute beobachtet und auf den perfekten Moment zum Zuschlagen wartet.
Vor ihm kniete unterwürfig das zweischwänzige Wesen.
Ihr langer, sehniger Körper war mit schwarzem Fell bedeckt, ihre scharfen, durchdringenden Augen waren mit unerschütterlicher Loyalität auf ihren Meister gerichtet. Die Luft um sie herum knisterte vor einer seltsamen, fast greifbaren Spannung, einem leisen Sturm aus geballter Kraft, der direkt unter der Oberfläche lauerte.
Dann sprach die Kreatur mit einer Stimme, die wie ein Flüstern des Todes durch die Nacht schwebte.
„Meister … sie haben den Köder geschluckt.“
Ein langsamer Seufzer entwich Zoros Lippen. Seine Finger trommelten unruhig gegen die Baumrinde, seine Vorfreude war kaum zu bändigen.
„Bald werden wir ihren Standort kennen.“
Diese Worte erfüllten Zoro mit einer dunklen Befriedigung.
Endlich.
Endlich, nach all dem Warten, nach all den Störungen, die Nate und sein Lager verursacht hatten, nach all den Rückschlägen, die ihn daran gehindert hatten, die Kontrolle zu übernehmen – endlich fügten sich die Teile zusammen.
Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen.
Darauf hatte er gewartet.
Der bloße Gedanke, Nate und alles, wofür er stand, zu vernichten, ließ eine Welle der Gier durch seine Adern strömen.
Und als er langsam seinen Blick nach unten richtete, regte sich ein Meer von Schatten am Fuße des Baumes.
Hinter dem zweischwänzigen Wesen knieten Tausende andere in absoluter Gehorsamkeit – Wesen mit einem einzigen, sich windenden Schwanz, ihre Körper angespannt und auf Befehle wartend.
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Loyal. Unerbittlich. Und bald … unaufhaltsam.