Kael ging mit festen Schritten durch das Portal und ignorierte die Blicke voller Schock, Neid und Angst, die ihm folgten. Das Geräusch seiner Stiefel hallte auf dem polierten Steinboden wider, als er den Haupteingang der Azalith-Akademie durchschritt.
Als er durch das große, mit geheimnisvollen Symbolen verzierte Eisentor ging, bot sich ihm ein wahrhaft grandioser Anblick.
Azalith war nicht nur eine Akademie, sondern ein Imperium des Wissens und der Macht. Der Campus erstreckte sich über ein riesiges Areal und war voller hoch aufragender Gebäude aus weißem Marmor und Gold, magischer Beobachtungstürme, Trainingsarenen und einer riesigen Bibliothek im Hintergrund, deren glänzende Kuppel selbst tagsüber die Sterne widerspiegelte.
In den Gängen wimmelte es von Schülern unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft, die Roben oder Rüstungen trugen, die ihre Häuser und Fachrichtungen kennzeichneten. Einige waren junge Adlige auf der Suche nach Wissen, während andere eine Aura von Macht und Erfahrung ausstrahlten und wahrscheinlich Veteranen der Akademie waren.
Kael grinste.
„Nun, ich glaube, ich werde hier Spaß haben.“
Er folgte den eingravierten Symbolen auf dem Boden und stand bald vor einem riesigen runden Innenhof, in dem sich Hunderte von Schülern versammelt hatten. In der Mitte stand eine imposante Statue eines Drachen mit ausgebreiteten Flügeln, die allen Passanten Respekt einflößte.
Er sah sich schnell um.
„Das ist also die erste Auswahl“, schlussfolgerte er, als er die Professoren und Ritter der Akademie bemerkte, die vor der Menge aufgereiht standen.
Ein älterer Mann mit grauen Haaren und einer marineblauen Robe trat auf eine kleine Steinplattform und hob die Hand, um die Zuhörer zum Schweigen zu bringen.
„Willkommen in der Azalith-Akademie!“, hallte seine starke, autoritäre Stimme, verstärkt durch Magie. „Ihr seid hier, weil ihr Potenzial habt, weil ihr euren Wert unter Beweis gestellt habt oder weil ihr einen Namen tragt, der stark genug ist, um aufgenommen zu werden. Allerdings …“ Sein Blick wanderte über die Menge. „Keiner von euch steht über den Regeln der Akademie.“
Kael hob eine Augenbraue. Trotz des strengen Tons des Ältesten zeigten viele Schüler um ihn herum übertriebene Selbstsicherheit, einige kicherten leise oder flüsterten miteinander.
„Die Aufnahmeprüfung beginnt jetzt! Wartet, bis eure Namen aufgerufen werden, und begebt euch dann zu den Bewertungstoren!“
Das Murmeln wurde lauter. Einige wirkten nervös, während andere sich mental auf die Prüfung vorbereiteten.
Kael seufzte.
„Bringen wir es hinter uns.“
Die Schlange bewegte sich langsam vorwärts. Einer nach dem anderen traten die Schüler auf eine Plattform und legten ihre Hände auf eine große Kristallkugel, die über einem schwarzen Sockel schwebte. Die Kugel maß ihr Potenzial, indem sie die von ihnen kanalisierte Mana absorbierte.
Kael schenkte dem jedoch wenig Beachtung. Für ihn war dies nur ein bürokratischer Ritual, bevor er endlich die Akademie erkunden konnte. Er hielt immer noch sein Empfehlungsschreiben in der Hand, ohne zu wissen, dass er gar nicht dort sein musste.
Als er an der Reihe war, sah ihn einer der Ausbilder – ein großer Mann mit dunklem Haar und einer mit silbernen Runen bestickten Robe – desinteressiert an.
„Name?“, fragte er, ohne aufzublicken.
„Kael Scarlet“, antwortete er lässig.
Der Ausbilder erstarrte für einen Moment, seine Augen weiteten sich leicht, bevor er seine Überraschung schnell verbarg. Sein Blick wanderte zu seinem Kollegen neben ihm, der ebenfalls unruhig wirkte.
Die Professoren und Zuschauer begannen untereinander zu murmeln.
„Scarlet …? Hat er Scarlet gesagt?“
„Moment mal … Ist er mit Elion Scarlet verwandt?“
„Warum zum Teufel macht er den Test?! Er ist doch ein Mitglied der königlichen Hexenfamilie!“
Kael ignorierte das Geflüster und hob seine Hand, um die Kugel zu berühren.
„Na gut, bringen wir es hinter uns…“, murmelte er, ohne sich die Mühe zu machen, seine Mana richtig zu kanalisieren.
Sobald seine Finger die kristalline Oberfläche berührten, hüllte ein blendender Blitz den Saal ein. Ein ohrenbetäubendes Dröhnen hallte wider, als die Kugel zu zerbrechen begann, unfähig, die absurde Energie, die sie absorbierte, zu bändigen. Ströme von violetter und goldener Energie pulsierten heftig und erhellten den gesamten Raum wie eine Miniatur-Sonne.
Die Ausbilder traten sofort zurück.
„BRECHT DIE PRÜFUNG AB! BRECHT DIE PRÜFUNG AB!“, schrie einer der Prüfer verzweifelt.
Aber es war bereits zu spät.
Die Kugel explodierte in einem Wirbelwind chaotischer Energie und schleuderte rohe Manastrahlen durch die Luft. Der Aufprall war so heftig, dass einige Schüler zu Boden geworfen wurden, während Professoren hastig magische Barrieren beschworen, um sich zu schützen. Die Explosion hallte über den gesamten Campus.
Kael blinzelte verwirrt und starrte auf die Überreste der Kugel.
„Sollte das so passieren?“, fragte er unschuldig.
Stille. Absolute Stille.
Ein Professor – ein älterer Elf mit silbernem Bart – stand langsam auf, seine Augen weit aufgerissen vor lauter Angst.
„Das … das ist unmöglich“, murmelte er und sah Kael an, als würde er eine lebende Katastrophe anstarren. „Er hat seine Mana nicht mal richtig kanalisiert … und trotzdem hat er die Bewertungssphäre zerstört?“
Ein anderer Lehrer packte zitternd die Schulter seines Kollegen.
„Das ist nicht normal. Kein Mensch sollte so viel Mana haben!“
Ein für die Prüfung verantwortlicher Magier überprüfte sein Klemmbrett und schluckte schwer.
„Der Letzte, der so etwas getan hat, war …“ Seine Stimme stockte, bevor er den Satz beenden konnte. „… die Hexenkönigin.“
Alle Augen waren nun auf Kael gerichtet. Was als einfacher Magie-Eignungstest begonnen hatte, fühlte sich nun wie eine öffentliche Hinrichtung an.
Die Stille wurde durch das rhythmische Klacken von Stiefeln auf dem Marmorboden unterbrochen.
Eine Frau trat aus der Menge hervor. Feurig rotes Haar fiel ihr über die Schultern, eine makellose Militäruniform betonte ihre strenge und befehlende Haltung. Ihre Ausstrahlung war erdrückend, als wäre die Luft um sie herum schwerer geworden. Ihr scharfer Blick musterte die Szene, bevor er sich auf Kael festsetzte.
Ihre bloße Anwesenheit reichte aus, um selbst die Professoren erzittern zu lassen.
„Was zum Teufel macht jemand wie du hier?“ Ihre Stimme zerschnitt die Luft wie ein gezücktes Schwert – kalt und scharf.
Kael blinzelte leicht verwirrt.
„Häh? Oh, hallo“, antwortete er lässig. „Ich mache nur den Test. Ich bin gleich wieder weg.“
Als wäre nichts gewesen, wandte er sich an einen der Ausbilder und seufzte.
„Mein Fehler“, sagte er mit einem lässigen Lächeln. „Ich wollte nur die Kinder dort erschrecken, aber ich glaube, ich habe euch Ärger eingebrockt. Entschuldigt bitte.“
Die gesamte Halle hielt den Atem an. Seine Stimme klang so mühelos und leicht, dass jedem klar war, dass er nicht das Geringste bereute.
Er zuckte mit den Schultern und wandte sich zum Gehen.
Da spürte er eine Hand auf seiner Schulter.
Das System wurde aktiviert.
[Alarm: Sofort weglaufen.]
Kael hob eine Augenbraue.
„Du …“, begann die rothaarige Frau mit emotionsloser Stimme.
Ein Schauer lief allen Anwesenden über den Rücken.
„… hast es gewagt, mich zu ignorieren?“
Der ganze Saal schien zu schrumpfen. Die Atmosphäre wurde dicht, bedrückt von einem überwältigenden Druck, der selbst den erfahrensten Professoren kalten Schweiß auf die Stirn trieb.
„Ich … der Schwertdämon …“ Sie machte einen Schritt nach vorne, ihre Augen leuchteten intensiv rot.
„Ich wurde ignoriert?“
Kael drehte sich langsam zu ihr um, ein schiefes Lächeln auf den Lippen.
„Häh?“
Die Ausbilder wichen instinktiv zurück. Die Schüler beobachteten das Geschehen aus der Ferne, zitternd, ohne einen Mucks von sich zu geben.
Stella Xerath ballte die Fäuste so fest, dass hörbare Knackgeräusche durch den Saal hallten.
„Du wirst sterben, Junge“, knurrte sie mit einer Stimme, die vor purer Blutgier triefte.
[Warnung: Du bist in Stella Xeraths Fadenkreuz geraten.]