„Ich bin hier, um dich zu vernichten“, sagte Daniel ruhig. Obwohl sein Tonfall sanft war, hatten seine Worte eine erschütternde Kraft, die durch die Luft hallte.
Randys Miene verdüsterte sich sofort.
„Das ist ein schlechter Witz“, erwiderte er kalt. „Wenn du nicht mit guten Absichten gekommen bist, schlage ich vor, dass du sofort gehst.“
Seine Stimme, die vor Wut bebte, verriet seine Verärgerung. Randy sah Daniels Aussage eindeutig als Provokation, als Spott, der sich gegen ihn richtete.
„Warum sollte ich mit guten Absichten auf jemanden zugehen, der diese Welt aktiv zerstört?“, entgegnete Daniel. „Außerdem …“
Sein Blick wurde schärfer. „Du bist nicht einmal von dieser Welt, oder? Du hast einfach den Körper von jemandem namens Randy übernommen.“
Diese Worte trafen ihn wie ein Blitz. Randys Gesichtsausdruck verzog sich, seine Fassung brach zusammen, als wäre sein tiefstes Geheimnis gelüftet worden.
In einem Augenblick veränderten sich seine Augen – einer schwarz, einer weiß – und strahlten eine eiskalte, überirdische Aura aus. Die ruhige Schönheit des
geheimen Reiches
zerfiel und wurde durch eine karge, surreale Landschaft ersetzt.
Das einst üppige Grün verschwand in endloser Weiße, bis auf den Boden unter Randy, der jetzt eine pechschwarze Leere war.
Um ihn herum wellte sich das Gelände wie Flüssigkeit, und jeder seiner Schritte verursachte Wellen, die über die Oberfläche liefen.
„Wer bist du wirklich?“, fragte Randy mit kalter, bedächtiger Stimme.
„Ich bin jemand, der versucht, diese Welt zu retten“, antwortete Daniel.
„Diese Welt retten?“, lachte Randy, ein dröhnendes, spöttisches Lachen, das durch die Leere hallte.
„Das ist doch wohl ein Scherz.“
Für Randy war diese Vorstellung absurd. Die Welt war bereits jenseits aller Rettung: Ihr
Weltenbaum
war gefällt, ihr
Weltbewusstsein
ruhte, und ihre
ursprüngliche Essenz
von den Überresten von Göttern und Dämonen ausgesaugt. Die Zerstörung war unvermeidlich, und Randy beschleunigte, wie andere seiner Art, diesen Prozess lediglich.
„Die Welt retten“, spottete Randy. „Was für eine lächerliche Vorstellung. Die Welt ist dem Untergang geweiht, und du glaubst, du kannst das ändern?“
Randy hatte seine frühere Fassade aufgegeben und verbarg nun nicht mehr seine wahre Natur.
Daniels frühere Anschuldigung hatte gestimmt:
Randys Körper war nichts weiter als ein Gefäß. Der wahre Bewohner war das Bewusstsein, das aus einem Relikt von Gott und Teufel entstanden war – ein Geist von immenser, zerstörerischer Kraft.
Als Randys Aura sich vollständig entfaltete, musterte er Daniel genauer.
„Du … Du bist anders“, sinnierte Randy. „Ein Teil der Essenz der Welt? Oder vielleicht ein Fragment ihres Bewusstseins?“
Die Neugier in seiner Stimme war von Bosheit durchsetzt.
„Egal“, fuhr er fort. „Wenn du zu mir gekommen bist, werde ich dich gerne verschlingen!“
Hinter Randy materialisierte sich ein gespenstischer Stift, dessen Form zwar vage, aber bedrohlich war.
Der Stift begann sich durch die Luft zu bewegen und hinterließ Spuren dunkler Zeichen, die wirbelten und sich drehten, bevor sie sich unter Daniels Füßen vereinigten.
Die Zeichen erhoben sich wie Mauern und umschlossen Daniel in einem Gefängnis aus schwarzem Text.
Die Mauern schlossen sich und schrumpften, bis sie eine pillengroße Kugel bildeten, die in Randys Hand schwebte.
„Köstlich“, bemerkte Randy mit einem bösen Grinsen. „Ich kann es kaum erwarten, deine Essenz zu kosten. Wenn sich mir nur mehr Dummköpfe wie du ausliefern würden.“
Er warf die Kugel in seinen Mund und schluckte sie.
Doch statt des erwarteten Kraftrauschs spürte Randy … nichts. Keine Energiewelle, keinen vertrauten Geschmack von
Weltenessenz
.
„War das schon alles, was du drauf hast?“, hallte Daniels Stimme hinter ihm.
Randy wirbelte herum, seine Ungläubigkeit war greifbar. Da stand Daniel, völlig unversehrt.
„Wie…?“ stammelte Randy, während seine Gedanken rasten. Der Angriff, den er ausgeführt hatte, hatte die Regeln dieser Welt überschritten – ihm zu entkommen, hätte unmöglich sein müssen.
Die Erkenntnis kam zu spät.
Als Randys geisterhafter Stift erneut zum Schlag ausholte, handelte Daniel.
Er streckte seine rechte Hand aus und packte den Stift direkt.
Die Welt veränderte sich erneut.
Die blendend weiße Landschaft löste sich auf und wurde durch die grüne Landschaft des ursprünglichen
geheimen Reiches
ersetzt.
Der Stift, die Quelle von Randys Macht, zitterte heftig in Daniels Griff.
Randy sank auf die Knie, seine Kräfte verließen ihn.
Der Stift war nicht nur ein Werkzeug, er war die wahre Quelle seiner Existenz. Ohne ihn war er nichts.
Der Stift war kein gewöhnliches Artefakt.
Er gehörte einst einer mächtigen Gott-und-Teufel-Figur, war in einer Schlacht beschädigt worden und dem Verfall preisgegeben worden.
Im Laufe der Jahrhunderte erwachte sein Geist wieder und wurde stärker, indem er sich von der
ursprünglichen Essenz
der Welt ernährte.
Schließlich erlangte er Bewusstsein und beanspruchte Randys Körper als seinen Wirt.
Aber Daniels Eingreifen hatte alles verändert. Sein Griff durchdrang die Schichten der Realität, drang über die illusorische Projektion des Stifts hinaus und ergriff dessen wahre Gestalt.
„Bitte, verschone mich!“, flehte Randys Stimme, nun voller Verzweiflung. „Ich habe einen Fehler gemacht! Ich werde dir dienen – alles tun, was du verlangst!“
Die neu gewonnene Empfindungsfähigkeit des Stiftgeistes brachte eine tiefe Angst vor dem Tod mit sich, und Daniels Griff um seinen Kern erfüllte ihn mit Schrecken.
„Dich verschonen?“, antwortete Daniel ruhig. „Diese Welt braucht keine Kreaturen wie dich.“
Sein Griff wurde fester, und der Stift begann zu knacken. Randys Gesicht verzog sich vor Schmerz, seine Stimme wurde laut in verzweifeltem Protest.
„Nein! Du verstehst das nicht!
Wenn du mich vernichtest, werden sie dich nicht gehen lassen! Sie werden dich holen kommen – alle!“
Daniels Blick schwankte nicht.
„Sollen sie kommen. Ich habe auf sie gewartet.“
Mit diesen Worten zerdrückte er den Stift, dessen Überreste sich in Nichts auflösten.
Selbst nachdem er sich vergewissert hatte, dass keine versteckten Notfallvorrichtungen oder Fluchtmechanismen mehr vorhanden waren, durchsuchte Daniel die Umgebung mit seiner
Gedankenkraft
ab, um sicherzugehen, dass der Geist vollständig vernichtet war.
Nachdem der Stift zerstört war, regte sich der echte Randy und schlug die Augen auf.
„Danke … Danke, Sir“, flüsterte er schwach. Seine Stimme klang erleichtert, aber auch noch ängstlich.
Befreit von der Kontrolle des Stifts war Randy wieder er selbst – ein Mann, der jahrelang in seinem eigenen Kopf gefangen gewesen war.
„Ohne dich“, fuhr Randy mit zitternder Stimme fort, „wäre ich komplett ausgelöscht worden. Dieses … Ding hätte mich verschlungen.“
Daniel musterte ihn einen Moment lang. Randys Überleben war bemerkenswert, aber seine Tortur war vorbei. Für Daniel war der Weg klar: Der Kampf um die Rettung der Welt hatte gerade erst begonnen.
„Erzähl mir alles – was genau ist passiert?“
Daniels Stimme war ruhig, aber bestimmt, als er Randy fest ansah.
Randy nickte schwach, eine Mischung aus Erschöpfung und Erleichterung huschte über sein Gesicht. Mit stockender Stimme begann er, seine Geschichte zu erzählen, eine Geschichte, die Tausende von Jahren umfasste.
Vor langer Zeit war Randy ein unbedeutendes Mitglied einer mächtigen Familie gewesen, ein
angeschlossenes Kind
mit miserablen magischen Fähigkeiten.